
„Wie erfolgreich ist das vergangene Jahr verlaufen?“, so lautet die entscheidende Frage aller Selbstständigen und Unternehmer am Ende eines Geschäftsjahres. Auch das Finanzamt interessiert sich dafür, ob ein Gewinn oder Verlust zu verzeichnen war. Doch nicht jedes Unternehmen muss dafür einen Jahresabschluss mit Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) aufstellen. Sind bestimmte Kriterien erfüllt, reicht eine Einnahmenüberschussrechnung aus.
Die Einnahmenüberschussrechnung – kurz auch EÜR genannt – ist eine vereinfachte Form der Gewinnermittlung. Dabei bildet sie das Gegenstück zur GuV. Eine doppelte Buchführung ist zudem nicht erforderlich. Denn bei der EÜR werden lediglich die erzielten Einnahmen den Ausgaben gegenübergestellt und verrechnet. So ergibt sich schließlich ein Gewinn oder Verlust für das jeweilige Wirtschaftsjahr.
Dadurch dass die Einnahmenüberschussrechnung keine umfangreichen Buchhaltungskenntnisse erfordert, können Selbstständige diese oft in Eigenregie erledigen. Dies hilft ihnen, ihre Kosten gering zu halten. Das Gleiche gilt für den zeitlichen Aufwand. Denn anders als bei der Bilanz, erfordern die Angaben im Rahmen der EÜR erheblich weniger Details.
Wer darf eine EÜR erstellen?
Grundsätzlich gilt, dass alle Unternehmerinnen und Unternehmer sowie Selbstständige ihre Geschäftsergebnisse dokumentieren müssen. Diese Pflicht erfüllen Freiberufler und Kleingewerbetreibende durch Erstellen einer Einnahmenüberschussrechnung. Beträgt der Umsatz weniger als 800.000 Euro und liegt der Gewinn unter 80.000 Euro können auch andere Gewerbetreibende wie eingetragene Kaufleute, Partnergesellschaften oder GbRs diese Methode wählen. Das Gleiche gilt für landwirtschaftliche Betriebe mit einem Nutzflächenwert unter 25.000 Euro und einem Gewinn von weniger als 80.000 Euro. Kapitalgesellschaften müssen dagegen immer einen Jahresabschluss mit Bilanz und GuV erstellen.
Das Zu- und Abflussprinzip
Maßgeblich bei der Einnahmenüberschussrechnung ist das Zu- und Abflussprinzip. Das heißt, Selbstständige zeichnen nur die tatsächlichen Geldflüsse auf. Rückstellungen oder Abgrenzungsbuchungen wie in der klassischen Buchführung nehmen sie nicht vor.
Bei Kontobewegungen gilt demnach der Tag der Gutschrift oder Belastung als Buchungstag. Bei Ausgaben mit der Kreditkarte ist der Zahlungstag entscheidend, nicht der Einzug der Gesamtsumme durch das Kartenunternehmen. Regelmäßige Zahlungen wie Miete, Telefon oder Versicherung bilden dagegen eine Ausnahme. Hier gilt: Erfolgt der Geldfluss bis zum zehnten des Folgemonats, werden sie dem Kalenderjahr zugerechnet, zu dem sie wirtschaftlich gehören. Liegen mehr als zehn Tage dazwischen, sind sie im Jahr des Geldabflusses zu berücksichtigen.
Selbstständige, die ihren Gewinn oder Verlust durch Einnahmenüberschussrechnung ermitteln, benötigen für ihre Einkommensteuererklärung die Anlage EÜR. Das Standardformular lässt sich über das Steuerverwaltungsprogramm ELSTER abrufen und ausfüllen. Dort stellt die Finanzverwaltung auch Erläuterungen als Ausfüllhilfe bereit. Außerdem steht dort die Anlage AVEÜR zur Verfügung, in der Angaben zum Anlagevermögen zu machen sind. Personengesellschaften können zudem die ergänzenden Anlagen ER, SE und AVSE herunterladen.
Der erste Abschnitt der Anlage EÜR erfasst allgemeine Angaben zum Unternehmen. Dazu gehören neben dem Namen des Selbstständigen oder der Gesellschaft zum Beispiel die Steuernummer sowie die Art und Rechtsform des Betriebs. Der zweite Abschnitt der EÜR ist die eigentliche Gewinnermittlung. Dieser erfasst die Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben. Dabei sind die Betriebseinnahmen unterteilt nach
- Betriebseinnahmen als umsatzsteuerlicher Kleinunternehmer
- Betriebseinnahmen als Land- und Forstwirt
- Umsatzsteuerpflichtige und umsatzsteuerfreie Betriebseinnahmen
- Vereinnahmte Umsatzsteuer
- Vom Finanzamt erstattete oder verrechnete Umsatzsteuer
- Veräußerung oder Entnahme von Anlagevermögen
- Private Kfz-Nutzung
- Sonstige Sach-, Nutzungs- oder Leistungsentnahmen
- Auflösung von Rücklagen.
Danach folgen die Betriebsausgaben. Dazu gehören
- Ausgabenpauschalen für bestimmte Berufsgruppen
- Waren, Rohstoffe und Hilfsstoffe
- Bezogene Fremdleistungen
- Ausgaben für eigenes Personal
- Absetzung für Abnutzung (AfA)
- Raumkosten und sonstige Grundstücksaufwendungen
- Sonstige unbeschränkt abziehbare Betriebsausgaben
- Beschränkt abziehbare Betriebsausgaben
- Kfz-Kosten und andere Fahrtkosten
- Nicht abziehbare Beträge.
Im nächsten Abschnitt tragen Unternehmerinnen und Unternehmer die Summe ihrer Einnahmen und Ausgaben ein und ermitteln so ihren Gewinn oder Verlust. Abhängig von individuell vorkommenden Geschäftsvorfällen sind hier außerdem verschiedene Hinzurechnungen oder Abzüge vorzunehmen. Angaben zu Rücklagen, stillen Reserven sowie Entnahmen und Einlagen gehören schließlich in den Abschnitt „Ergänzende Angaben“.
Kann ich eine EÜR ohne Elster erstellen?
Das Standardformular zur Anlage EÜR und die weiteren zugehörigen Anlagen müssen Selbstständige zwingend digital an das Finanzamt übermitteln. Demnach geht es in diesem Fall nicht ohne Elster. Allerdings müssen die Steuerpflichtigen sich dazu nicht unbedingt direkt auf dem Portal der Finanzverwaltung anmelden. Denn auch die gängige Steuersoftware bietet eine Verknüpfung. Das heißt, sind alle Daten im Programm erfasst, lassen sie sich direkt über die integrierte Schnittstelle an Elster übertragen.
Trotz der Pflicht zur elektronischen Übermittlung der EÜR kann eine Vorlage als Ausfüllhilfe bei der Vorbereitung nützlich sein. So stellen Unternehmerinnen und Selbstständige sicher, dass sie keine wichtigen Angaben übersehen. Am besten nutzen sie dazu das offizielle PDF des Bundesfinanzministeriums in der jeweils aktuellen Fassung.
Sinnvoll ist der Einsatz von Vorlagen ebenso für die vorbereitende Belegerfassung. Als einfachste Methode bietet sich hier eine Excel-Tabelle, in der alle betrieblichen Einnahmen und Ausgaben sowie die Umsatzsteuer und Vorsteuer erfasst werden. Eine weitere Tabelle sollte hier die abschreibungspflichtigen und die nichtabschreibungspflichtigen Anlagegüter sowie die geringwertigen Wirtschaftsgüter (GWG) enthalten.
Wem die manuelle Eingabe der Daten zu aufwändig oder zu fehleranfällig ist, kann eine professionelle Buchhaltungssoftware gute Dienste leisten. Damit lassen sich Belege automatisch erfassen und speichern. Auf diese Weise stellen Selbstständige sicher, dass die Grundsätze der ordnungsgemäßen Buchführung (GoBD) gewahrt bleiben. Zudem können sie die Angaben in der Regel unkompliziert in ihr Steuerprogramm übertragen und automatisieren so wichtige Schritte beim Erstellen der Anlage EÜR.
Mögliche Fallstricke beim Erstellen der EÜR
Obwohl die Einnahmenüberschussrechnung die vereinfachte Form der Gewinnermittlung darstellt, bietet sie dennoch ein paar Stolperfallen. Diese lassen sich jedoch mit gewisser Sorgfalt leicht umgehen. Denn häufig handelt es sich bei den Fehlern um falsch zugeordnete Betriebseinnahmen oder Betriebsausgaben. Auch nicht angegebene Vorsteuerbeträge führen zu Unregelmäßigkeiten. Wer Abschreibungen nicht berücksichtigt, sorgt zudem für eine höhere Steuerlast.
Wichtig zu wissen ist außerdem, dass das Finanzamt bei Unklarheiten nachfragt. In diesem Fall sollten Unternehmerinnen und Unternehmer sämtliche Angaben schlüssig erläutert können. Dazu gehört auch, dass sie auf die relevanten Belege zugreifen können. Nur so lassen sich die angegebenen Einnahmen und Ausgaben rechtssicher nachweisen. In diesem Zusammenhang ist ebenso die gesetzliche Aufbewahrungspflicht über acht Jahre zu beachten. Schließlich kann die Finanzverwaltung im Rahmen einer Betriebsprüfung rückwirkend Einblick in die Unterlagen nehmen. Geprüft werden dabei in aller Regel die letzten drei bis vier Jahre.